Julius neun Jahre – die Welt wird immer mehr zu deiner eigenen

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Heute feiere ich neun Jahre als Mutter. Du und ich, Julius, wir haben als eins angefangen. Haben alles geteilt, sogar den Blutkreislauf. Von diesem umwälzenden Moment, als du auf meiner Brust lagst, waren wir einander immer nahe. Meine Welt war deine Welt. Ich lernte einen klugen Jungen kennen, mit samtigen Augen, unerschöpflicher Energie und starken Gefühlen. Du hast viel und früh geredet und wie wir geredet haben, du und ich. Wie bekannt, so vergeht die Zeit und jetzt lebst du ein wenig mehr in einer Welt, die nicht mir gehört. Genauso wie es sein sollte, werden jetzt andere Personen wichtig für dich. Und für jeden Tag der vergeht wirst du mehr und mehr deine eigene Person.

Aber manchmal bekomme ich einen Einblick in diesen schönen Geist, den du hast. Worüber du nachdenkst, was dich beunruhigt, nach was du dich sehnst. Ich beobachte dich von Zeit zu Zeit, sehe dir zu, wie zärtlich du bist, wenn du deinem kleinen Bruder hilfst, wenn er hinfällt. Oder wie du gewissenhaft eine Fliege vor dem Ertrinken in einer Pfütze rettest. Du befindest dich zwischen der magischen Welt des Kindes und der ernüchternden Sicht des Erwachsenen auf die Existenz. So groß und so klein. Sicherheitshalber und nur für den Fall, schreibst du einen Brief an den Osterhasen und sagst ihm, dass du dieses Jahr keine Süßigkeiten isst und dass du deshalb lieber Geld im Osternest haben möchtest falls das in Ordnung geht. Die Nachttischlampe sollte am Abend eingeschaltet sein, einen Scheinwerfer direkt ins Gesicht brauchst du um einschlafen zu können, um die Monster auf Distanz zu halten.

Gleichzeitig bist du dir auf einer neuen Weise bewusst was in der Welt geschieht, und du kämpft darum, deinen kleinen Teil davon zu erobern. Ich denke an all die Gefühle, die du hast, die ich nicht mehr teile, Gedanken die nicht immer auf die gleiche Weise aus dir sprudeln. Wie du vielleicht manchmal jemand anderes sein musst. Du schließt dich ein, hörst ein Hörbuch in deinem Zimmer, spielst einen Ball gegen die Wand. Denkst nach. Dennoch glaube ich, dass unsere Liebe zu dir genug ist, damit du dich getragen fühlen kannst, das Gefühl hast, dass du so sein kannst wie du bist, hier bei uns.

Heute Morgen weckten wir dich mit Gesang und Frühstück im Bett. Und du dachtest, es wäre der beste Tag der Welt…

…weil du die lang ersehnte Ronaldo Fußballkarte bekommen hast.

Herzlichen Glückwunsch an dich, Julius, und an mich, wo schon seit neun Jahren deine Mama sein darf. Du hast mich verändert, meine ganze Welt in jeder erdenklichen Farbe gemalt. Und erfüllte sie mit mehr Angst und mehr Liebe, als ich es mir an diesem kalten Donnerstag vor neun Jahren jemals vorstellen konnte.

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